Durch das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 hat sich die Rechtslage bei der Hinzurechnung von Schenkungen insofern geändert, als es nach altem Recht auf den Wert des geschenkten Gegenstandes im Todeszeitpunkt angekommen ist und nach dem neuen Recht grundsätzlich auf den Wert im Zeitpunkt der Schenkung. Dieser Wert ist nach dem Verbraucherpreisindex anzupassen (§ 788 ABGB).
Zum früheren Erbrecht entsprach es ständiger Rechtsprechung, dass durch den Wegfall des Wohnungsgebrauchsrechtes des Erblassers mit dessen Tod der Wert der unbelasteten Liegenschaft Bemessungsgrundlage für den Pflichtteilsanspruch ist.
Zum neuen Erbrecht wurde in der Literatur zunächst die Auffassung vertreten, dass durch das Abstellen auf den Schenkungszeitpunkt das zurückbehaltene Wohnungsgebrauchsrecht vom Wert der Liegenschaft in Abzug zu bringen sei.
Der OGH hat diese Rechtsfrage in einer grundlegenden Entscheidung vom 26.5.2020 (2 Ob 64/19d) dahingehend klargestellt, dass er die zur früheren Rechtslage vertretene Ansicht auch im neuen Erbrecht anwendet. Dies bedeutet, dass das zugunsten des Übergebers zurückbehaltene Wohnungsgebrauchsrecht nicht vom Verkehrswert der übergebenen Liegenschaft in Abzug zu bringen ist.
Zur Frage, welche Auswirkungen ein nicht nur für den bisherigen Eigentümer, sondern auch zB für dessen Ehegattin oder Lebensgefährtin vereinbartes Wohnungsgebrauchsrecht hat, hat sich der OGH in einer Folgeentscheidung vom 25.2.2021 (2 Ob 124/20d) geäußert. Der Oberste Gerichtshof kommt dabei zum Ergebnis, dass das Wohnungsgebrauchsrecht des Dritten bis zum Ableben des Schenkers unerheblich ist. Bleibt das Wohnungsrecht nach dem Tod des Schenkers aufrecht, ist zu ermitteln, welchen wirtschaftlichen Wert die ab dem Tod bestehende Belastung der Liegenschaft durch das Wohnrecht des Dritten hat. Dieser Wert ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen bezogen auf die wahrscheinliche Restnutzungsdauer – in der Regel wohl die wahrscheinliche Lebenserwartung des Dritten – zu bewerten.