RA Mag. Dr. Mario Höller-Prantner hat erfolgreich einen Türenhändler in einem Rechtsstreit mit einem Gastronom vertreten, der gleich zweimal den Obersten Gerichtshof beschäftigte. Der Händler hat einem Gastronom Türen für sein Gasthaus geliefert und montiert. Vom Hersteller wurden die Türen nur für die Funktionsklasse 5 (100.000 Funktionszyklen) deklariert. Für Gasthäuser ist die Funktionsklasse 6 (200.000 Funktionszyklen) nach EN 12400 vorgeschrieben. Zudem fehlte eine entsprechende CE-Kennzeichnung für Fluchttüren, wonach ein Hersteller die Fähigkeit zur Freigabe im Sinn einer Fluchttüre nur dann deklarieren dürfte, wenn eine Prüfung durch eine notifizierte Stelle mit Fremdüberwachung des Herstellerbetriebs vorliege. Die gelieferten Türen erfüllten diese beiden (nicht CE-zertifizierten) Eigenschaften aber tatsächlich, was durch einen Sachverständigen im Verfahren nachgewiesen wurde. Strittig war, ob das Fehlen der CE-Kennzeichnungen und damit auch der Fremdüberwachung gewährleistungs- und irrtumsrechtlich relevant ist.
Bereits im ersten Rechtsgang zu 8 Ob 9/23s hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass es gewährleistungsrechtlich nicht darauf ankomme, ob eine CE-Kennzeichnung vorliege, sondern nur ob die Türen die entsprechende Qualität aufwiesen. Das war gegenständlich der Fall, weshalb keine gewährleistungsrechtlichen Ansprüche zustehen. Anderes würde nur gelten, wenn die für ein Gasthaus notwendigen CE-Kennzeichnungen auch vereinbart worden wären. Gegenständlich wurde nur vereinbart, dass die Türen für ein Gasthaus geeignet sein müssen, das Vorliegen einer entsprechenden CE-Kennzeichnung wurde aber nicht besprochen und war nicht vereinbart.
Im zweiten Rechtsgang zu 8 Ob 146/24i entschied der Oberste Gerichtshof, dass der Vertrag auch nicht wegen Irrtums angefochten werden kann. War lediglich die Eignung der Türen für den Einsatz in einem Gasthaus vereinbart und waren CE-Kennzeichnungen nicht Gegenstand von Vertragsgesprächen, so hat der Händler auch diesbezüglich keine Aufklärungspflichten, deren Verletzung eine irrtumsrechtliche Vertragsanfechtung ermöglichen würde. Auch Artikel 14 Bauprodukte – VO (VO (EU) 2011/305) würde diesbezüglich nichts anderes anordnen. Zwar würde Händler die Pflicht treffen darauf zu achten, dass ein Produkt tatsächlich über Eigenschaften verfügt, die nicht hinter den durch die CE-Kennzeichnung und deren Verweis auf die Leistungserklärung oder sonstigen Anforderungen deklarierten Eigenschaften zurückbleiben. Übererfüllen die Produkte aber die Leistungserklärungen, treffen den Händler diesbezüglich aber weder Aufklärungsverpflichtungen gegenüber den Kunden noch gegenüber dem Hersteller.
Kurzum:
Solange eine CE-Kennzeichnung nicht vertraglich vereinbart wurde, hat deren Fehlen weder gewährleistungs- noch irrtumsrechtlich Relevanz, solange die Produkte die vereinbarten Eigenschaften tatsächlich aufweisen.
Wir dürfen aber darauf hinweisen, dass in vielen Werkverträgen und Ausschreibungen die Notwendigkeit der entsprechenden CE-Kennzeichnung bereits ausdrücklich vereinbart wird.